Die Niederlande und Deutschland sind Nachbarländer. Und Nachbarn glauben meistens, dass sie sich kennen. Oder sieht das in der Praxis doch anders aus? In unseren Gästeblogs geht es um das tägliche Leben in den Grenzregionen und erzählen Leuten ihrer tollen Geschichten. Locker geschrieben, mit einem Hang zum Tiefgang. Ein bisschen zum Nachdenken, für die Unterhaltung und das gegenseitige Kennenlernen! In dieser Folge Günter Schmitt.
Wandern ist für den Journalisten Günter Schmitt (63) Leidenschaft und Passion zugleich. 2010 war er beispielsweise als „RundumDeutschlandwanderer“ und Grenzgänger 247 Tage unterwegs und hat dabei 5200 Kilometer zurückgelegt. Seine treue Begleiterin beim Abenteuer Wandern ist Emma, seine Beagle-Hündin.
Grenzerfahrungen
„Als Grenzwanderer habe ich von vielen Geschichten entlang der Grenzen erfahren. Ich wollte nach 25 Jahren Schengener Abkommen die damit verbundene Öffnung der Grenzen innerhalb der Europäischen Union erfahren, wollte wissen, wie die Menschen ticken, wie es in ihren Herzen und Köpfen aussieht und wie Menschen an der Grenze leben. Dabei bin ich auch im deutsch-holländischen Grenzgebiet und am Niederrhein gewesen. Grenzen verlieren sich dort, man erkennt keine wirklichen Grenzen mehr. Alles wächst ineinander. Das liegt daran, dass auf den Feldern gleiches Obst und Gemüse angebaut wird. Alles verliert sich ineinander. Manchmal gibt es nur noch Grenzen in den Herzen und Köpfen. Gut, die Sprache könnte eine Barriere sein. Aber in Holland spricht fast jeder etwas Deutsch und man kann sich gut verständigen. Die Holländer haben totales Interesse an ihren Gästen. Von allen Nachbarn waren sie die freundlichsten Menschen, die ich bei den Wanderungen erlebt habe. Das merkt man bei der Begrüßung und den vielen Gesprächen zwischendurch“.
„Das Trennende von Grenzen ist im vereinten Europa verschwunden. Die Grenzbewohner gehen viel offener miteinander um, vielleicht, weil es die Grenze für sie kaum noch gibt. Denn Begegnungen zwischen den Ländern gibt es genug. Zum Beispiel, erinnere ich mich an einen alten Grenzpfosten, den man in Grenznähe gefunden hatte. Als etwas Besonderes wurde er restauriert und direkt auf der Grenze eine neue Funktion übernommen. Er soll heute dran erinnern, was uns getrennt hat. Heute vereinen solche Grenzpfosten die Völker, die in der Region längst gemeinsame Projekte haben. Ich erinnere an gemeinsame Naturschutzgebiete, an die Moore und die Tiere. Grenzen kennt die Natur nicht.“
„Sich miteinander austauschen, reden, das ist ganz wichtig. Entlang der Grenze gibt es immer Möglichkeiten, sich zu verständigen. Eine andere Sprache, wie die holländische, ist nicht das Problem für mich. Abgesehen davon habe ich immer Emma bei mir, eine Beagle-Hündin. Sie ist Botschafterin in Sachen Kommunikation und sorgt für den schnellen und unkomplizierten Kontakt. Zuerst sprechen wir über Emma und dann über alles andere. Vielleicht ist die Konzentration auf die Tagesetappe das Geheimnis dafür, dass ich so viel erlebt habe. Man hört bewusster zu, erlebt intensiver.“
Günter Schmitt
www.heimatverfuehrer.de
Quelle: GrenzenLos Magazin, text Sabine Hannemann